von Hermann-Josef Rapp

„Wenn im Reinhardswald auf seinen etwa 20.000ha Fläche mehr als 10% als Windkraftstandorte vorgesehen sind, kann das nicht nur auf zerstörte oder dahinsiechende Fichtenflächen reduziert sein.

Seit 1972 sind die großflächigen Fichten-Massenaufforstungen aus dem 19. und dem Anfang des 20. Jahrhunderts auf der Hochfläche des Reinhardswaldes, meistens frühere devastierte Dauerhuteflächen, durch Orkane wie Niedersachsenorkan, Kyrill, Xhyntia oder aktuell Friederike in ihrer Substanz angegriffen. Selbst die Folgeaufforstungen von 1972 sind jetzt erneut durch Wind und nun noch durch Käfer stark geschädigt. 

Das wusste man bei der Ausweisung der Suchräume aber noch nicht. Deshalb ist es schon eine Unverschämtheit anzudeuten, dass man bewusst auf den Zustand der Waldbestände Rücksicht genommen habe.

Aber die Fichtenbestände auf den Kammlagen haben besonders unter den Stürmen gelitten und dort wird von den Projektierern auch das stärkste Windaufkommen vermutet.

Waldökologisch ist es eben so unverschämt, sturmgeschädigte Flächen als Freiraum für Planungen aller Art einzustufen.

Nach dem Sturm von 1972 ist noch durch Pflanzung planmäßig aufgeforstet worden. Übrigens auch mit einem nennenswerten Anteil von Eichen, den sogenannten Sturmriegeln.

Nach Kyrill hat man der Sukzession, also der Naturverjüngung eine Chance gegeben und die hat die Natur genutzt. Wir haben heute dort groß- und kleinflächige Mischbestände aus Birke, Lärche, Buche, Eiche, Eberesche und einigen anderen Baumarten.

Es wird niemandem einfallen, diese Waldbilder als unnatürlich, wertlos oder zerstört zu bezeichnen.

Ebenso erobert sich die Buche Jahr für Jahr einen Teil ihres an die Fichten verlorenen Areals zurück. Das ist waldökologisch spannend und befriedigend.

Und schließlich ist der Reinhardswald auch für seine leistungsstarken, imponierenden Buchenbestände bekannt. Die finden sich ebenso auf der Hochlage im Gemenge mit Fichtenbeständen, besonders aber als geschlossener Buchenkomplex entlang der Oberweser. Mehrere tausend Hektar davon sind FFH-Flächen.

Die Suchräume grenzen unmittelbar an diese Gebiete an. Wenn man die Philosophie von FFH aufgreift, ist natürlich jede Einwirkung von außen ein Sakrileg.

Das gilt auch für ein frisch ausgewiesenes Wildnisgebiet von etwa 1.300 ha Größe, das ebenso unmittelbar angrenzt.

Sie sehen, egal wie man argumentiert: Der Reinhardswald ist in seiner Beschaffenheit wie in seiner ökologischen Grundausstattung so wertvoll, dass Windkraftnutzung oder ein Salzsee mit keiner Argumentation zu rechtfertigen sind.“